Wein einfach erklärt

Was ist Säure im Wein?

Einfach erklärt – Säure ist der Motor im Wein

Säure ist ein natürlicher Bestandteil des Weins, der in erster Linie aus der Traube selbst stammt. Sie entsteht durch den Stoffwechsel der Rebe während ihres Wachstums und wird durch verschiedene Faktoren wie Klima, Bodenbeschaffenheit und Reifegrad der Trauben beeinflusst. Auch während der Gärung und Lagerung kann sich das Säureprofil eines Weins weiterentwickeln.

Wenn wir von Säure sprechen, meinen wir genau genommen eine Mehrzahl an Säuren, die unterschiedliche Auswirkungen auf den Wein und unser Geschmackserlebnis haben können. Die wichtigsten Säuren im Wein sind:

Weinsäure

Die wichtigste und stabilste Säure im Wein. Sie sorgt für Struktur, Langlebigkeit und ein frisches Mundgefühl. Weinsäure kann sich in Form von Kristallen (Weinstein) in der Flasche absetzen, was ein natürlicher Prozess ist und die Qualität des Weins nicht beeinträchtigt.

Apfelsäure

Sie ist bekannt für ihre knackige, fast grüne Frische. Sie ist besonders in jungen Weinen, die für den frühen Trinkgenuss gemacht sind, sehr präsent. In warmen Anbaugebieten ist sie oft niedriger, da sie mit der Reife der Traube abgebaut wird.

Milchsäure

Entsteht durch den biologischen Säureabbau (Malolaktische Gärung), bei dem Apfelsäure in die weichere, cremigere Milchsäure umgewandelt wird. Dies verleiht Weinen eine samtigere Textur. Bei Rotweinen beabsichtigt man meistens einen biologischen Säureabbau, während dies bei Weißweinen als Stilmittel sehr gezielt eingesetzt wird.

Zitronensäure

Kommt in geringen Mengen vor und trägt zur Frische und Klarheit des Weins bei. Sie wird verstärkt in Weißweinen wahrgenommen und verstärkt dessen fruchtige Noten. Wahrnehmbar ist die Zitronensäure manchmal durch ein zitrisches Mundgefühl, ähnlich wie wenn wir Zitronen, Limetten oder Orangen essen.

Essigsäure

Essigsäure ist ein zweischneidiges Schwert. In kleinen Mengen trägt sie zur Komplexität bei, in zu hoher Konzentration wird sie als Fehler wahrgenommen und kann den Wein unangenehm stechend wirken lassen. Sie ist oft ein Hinweis auf unkontrollierte Mikroorganismen oder Oxidation.

Welche Auswirkung hat Säure auf den Geschmack?

Säure ist ein entscheidender Faktor für die Geschmacksbalance eines Weins. Sie bringt Frische und Lebendigkeit und verhindert, dass der Wein flach oder langweilig wirkt. Sie hebt die Frucht hervor und verleiht dem Wein eine vibrierende Energie.

Mundgefühl

Säure beeinflusst maßgeblich, wie sich ein Wein im Mund anfühlt. Ein Wein mit hoher Säure fühlt sich erfrischend, fast spritzig an und hinterlässt ein sauberes Finish. Eine moderate Säure sorgt für Eleganz und Länge, während eine geringe Säure den Wein weicher, runder und vollmundiger erscheinen lässt. Besonders bei Schaumweinen unterstützt die Säure das lebendige Prickeln auf der Zunge. Säure führt nach einem Schluck Wein zu Speichelfluss und ist damit unteranderem verantwortlich für das, was wir Trinkfreude nennen. 

Struktur und Spannung

Säure gibt dem Wein Rückgrat, indem sie die verschiedenen Geschmackselemente ausbalanciert. Sie sorgt für eine lebendige, straffe Textur und verleiht dem Wein eine angenehme, fast elektrische Spannung. Ein Wein mit zu wenig Säure kann schnell langweilig oder schlaff wirken – er fehlt an Spannung und Lebendigkeit. Andererseits kann eine zu hohe Säure aggressiv und unangenehm stechend wirken, insbesondere wenn sie nicht durch andere Komponenten wie Frucht, Körper oder Süße ausgeglichen wird. Die perfekte Balance ist entscheidend für einen harmonischen Wein.

Säure - der Schlüssel zu Reifung

Weine mit hoher Säure haben oft ein beeindruckendes Alterungspotenzial. Durch die natürliche Stabilisierung verzögern sie Oxidationsprozesse, wodurch sich die Aromen in der Flasche mit der Zeit verfeinern. Besonders Rieslinge oder hochwertige Schaumweine können Jahrzehnte reifen und entwickeln mit der Zeit komplexe Honig-, Nuss- oder Petrolnoten, ohne dabei ihre Frische zu verlieren.

Bei gereiften Weinen wird die Säure oft als weicher und harmonischer empfunden, sie verliert jedoch nie ihre tragende Rolle. Wer geduldige Lagerung schätzt, wird mit der Zeit in säurebetonten Weinen echte Schätze entdecken. Nicht umsonst gibt es Rieslinge, die nach über 100 Jahren in der Flasche nicht nur genießbar, sondern auch heute noch wahre Abenteuer für Weinliebhaber sind.

Weine mit besonders ausgeprägter Säure

Riesling

Die unangefochtene Königin der Säure. Riesling-Weine besitzen eine hohe, prägnante Säure, die ihnen unglaubliche Frische und ein großes Lagerpotenzial verleiht. Mit zunehmender Reife entwickeln sich Aromen von Honig, Petrol und getrockneten Früchten, ohne dass die Säure an Spannung verliert.

Sauvignon Blanc

Diese Rebsorte zeigt sich oft mit einer knackigen, fast stechenden Säure, die mit Zitrusnoten, Stachelbeeren und grasigen Aromen kombiniert wird. Besonders in kühlen Klimazonen wie der Loire oder Neuseeland ist sie für ihre belebende Frische bekannt.

Pinot Noir

Obwohl eine rote Rebsorte, besitzt Pinot Noir aus kühlen Klimata eine feine, oft lebendige Säure, die den Wein leicht und elegant wirken lässt. Besonders in Regionen wie Burgund oder Österreich bleibt seine Säurestruktur erhalten und sorgt für ein frisches Mundgefühl.

Die Kunst Säure im Wein zu verstehen

Säure ist der unsichtbare Motor des Weins. Sie sorgt für Frische, Struktur und eine beeindruckende Tiefe. Ohne sie würde selbst ein hochwertiger Wein flach und kraftlos wirken. Wer die Säure in Weinen bewusst wahrnimmt, kann seinen Weingenuss auf ein neues Level heben – sei es beim Kauf, bei der Lagerung oder beim perfekten Foodpairing.

Die beste Art, sich mit Säure auseinanderzusetzen, ist das bewusste Probieren: Ein direkter Vergleich zwischen einem säurebetonten Riesling und einem weichen, cremigen Chardonnay kann sehr aufschlussreich sein. Auch das Dekantieren eines säurereichen Weins kann zeigen, wie sich die Wahrnehmung über die Zeit mit Sauerstoffkontakt verändert. Beachte auch einmal bei einem gereiften Riesling, wie sich die Säure im Vergleich zu einem jungen, frischen Exemplar am Gaumen anfühlt.

Säure ist der Puls des Weins, der ihn lebendig hält. Wer ihr aufmerksam lauscht, entdeckt eine neue Dimension des Weingenusses.

 

 

 

 

 

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