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CMB 2025 - Die Weinwelt schaut nach China

In unserem europäischen Weinverständnis gilt China immer noch als exotisches Weinbauland. Keine eigenständige Weinbau-DNA, schwergewichtige Kopien internationaler Weine und tonnenweise Massenprodukte. Diese Vorurteile halten sich hartnäckig in den europäischen Weinköpfen. Beim großen Concours Mondial Tasting 2025 hat man aber sofort gespürt, China ist in der Realität als ernstzunehmendes Weinland angekommen.

Die Millionenstadt Yinchuan, Hauptstadt der Region Ningxia, in den Ausläufern der Wüste Gobi, war heuer Austragungsort eines der größten internationalen Weinbewerbe für Rot- und Weißweine. Rund 400 Juror: innen reisten aus über 45 Ländern an, um mehr als 7.500 Weine aus aller Welt zu bewerten.

Ningxia ist sicherlich nicht das, was wir in Europa unter einer gewachsenen Weinregion verstehen. Die Hauptstadt der Region Yinchuan ist auch nicht das, was man als klassischen Weinort bezeichnen würde. Kein symbolträchtiges Loire-Schlösschen, kein toskanisches Hügelidyll oder steile Hanglage mit Flussblick. Ningxia ist ein bewusst entwickeltes (und zugegebenermaßen politisch gefördertes) Weinprojekt und sendet ein deutliches Signal an die internationale Weinwelt.

China zeigt was möglich ist

Das Gastgeberland ist damit kein Zufall. Die Region Ningxia gilt als Chinas ambitionierteste Weinbauregion, nicht nur gemessen an Fläche und Output, sondern an der Konsequenz, mit der hier eine eigene Weinidentität entwickelt wird. Die Bedingungen in Ningxia sind herausfordernd - steinige, kalkhaltige Schwemmböden, extreme Temperaturunterschiede, wenig Regen und hohe Sonneneinstrahlung.

Für dichte, strukturierte Rotweine aus Marselan, Syrah, Cabernet Franc und Merlot allerdings ideale Voraussetzungen. Selten findet man Exemplare mit Alkoholwerten unter 15% Vol. Die besten Weine sind fest strukturiert, mit klarer Frucht und überraschend reifem Tannin. Sie sind ruhig und klar, mit ersten erkennbaren Anzeichen von regionaler Typizität.

Beim Besuch der Weingüter in der Region wird sofort klar, hier wird hochprofessionell gearbeitet. Die Betriebe sind mit modernster Kellertechnik ausgestattet und nicht selten von Top-Önologen aus Frankreich oder unter Anderem Österreich beraten. Neben den großen Kellereien, die mit gewaltigem Output den Binnenmarkt bedienen, findet man eine wachsende Zahl an Weingütern, die dabei nicht einfach mitschwimmen, sondern eigene Wege gehen wollen. Mit diesen Betrieben fordert China die internationale Weinwelt heraus und zeigt exemplarisch, welche Big-Player die Weinwelt in Zukunft mitgestalten könnten.

Wettbewerb mit Signalwirkung

Concours Mondial ist kein beliebiger Blindverkostungsmarathon, bei dem möglichst effizienzmaximierend verkostet wird und lediglich statistische Methoden ausschlaggebend sind. Der Concours ist diszipliniert organisiert mit hohem Anspruch auf die Bewertung der Qualität. Verkostet wird blind, bewertet nach 100 Punkte Schema mit verpflichtendem, schriftlichem Urteil jedes Verkosters zu jedem Wein. Die Jurygruppen sind international gemischt und verkosteten maximal 35 Weine pro Tag.  Die Atmosphäre war fokussiert, professionell und überraschend homogen in der Bewertung. Ein Indiz dafür, dass eine gemeinsame Sprache des Weins durchaus möglich ist, selbst über Kontinente hinweg.

Durch die große Menge an verkosteten Weinen und Urteile aus unterschiedlichsten Ländern der Erde, kann der Wettbewerb damit als Seismograf für Qualität, neue Märkte und Weinverständnis gedeutet werden. Aus Österreich wurden heuer zwei Weinprofis als Juroren eingeladen. Trotz überschaubarer Größe am Weltweinmarkt hat sich Österreich seinen Ruf auf der internationalen Weinbühne hart erarbeitet. Mit Eigenschaften wie stilistischer Präzision und Herkunftsbewusstsein wurden österreichische Weine auch in Yinchuan von internationalen Weinprofis hochgelobt.

Die große Frage bleibt - Wer gestaltet die Weinwelt von morgen?

Die entscheidende Erkenntnis dieser Tage in Yinchuan ist nicht, ob China guten Wein machen kann. Das wissen wir spätestens, seitdem sich Lenz Maria Moser federführend um die Weine von Chateau Changyu Moser XV kümmert und diese auch erfolgreich in österreichischen Regalen platziert hat.

Die Erkenntnis ist, dass China auf dem Weg ist, die Weinwelt aktiv mitzugestalten. Nicht nur durch Mengen oder Märkte, sondern speziell durch das, was man als geistige Infrastruktur bezeichnen könnte. Hier, insbesondere in Ningxia entsteht ein Verständnis für Wein, das nicht nur auf Kellertechnik oder internationale Abbilder setzt, sondern sich auf Systematik, Kommunikation und Stilbildung fokussiert.

Die Weinwelt von morgen könnte damit nicht mehr allein von den großen Herkunftsländern definiert werden. Sie wird sich vielmehr danach richten, wer imstande ist, über den eigenen Glasrand hinauszudenken. Was in Europa vielfach noch als Authentizität verstanden wird, ist am anderen Ende der Welt längst als Transformation begriffen. Ohne Frage, Herkunft ist auch hier ein zentrales Element, sie wird aber weitergedacht und zunehmend durch Kontext ergänzt.

Wie wird Wein kommuniziert? Wie wird Wein gedacht? Wie wird Wein in den globalen, kulturellen Dialog gebracht?

China ist auf dem besten Weg diese neuen Mechanismen zu verstehen und sie zielgerichtet einzusetzen. Internationale Weinwettbewerbe wie Concours Mondial werden genutzt, um die Qualität der eigenen Weine zu demonstrieren und diese in die Welt hinauszutragen.  All das geschieht logischerweise nicht über Nacht, aber es geschieht mit bemerkenswerter Geschwindigkeit.

Es scheint, als ob die Frage nicht mehr wäre, ob China Teil der globalen Weinzukunft ist, sondern vielmehr welche Rolle andere Herkunftsländer bereit sind einzunehmen, wenn sich die Spielregeln im globalen Weinmarkt ändern.

Zum Schluss

China ist auf dem richtigen Weg. Nicht überraschend oder spektakulär, sondern mehr Schritt für Schritt. So ehrlich kann man sein, Ningxia wird nicht das neue Bordeaux oder Kalifornien. Aber China setzt sich am globalen Weinmarkt in Bewegung. Die chinesischen Winzer bewegen sich mit Struktur, dem Willen dazugehören zu wollen und gut ausgestattetem Kapitalpolster.

Das Concours Mondial war für diese Entwicklung eine gute Momentaufnahme. Die Weinwelt ist viel größer, also wir uns hier in Europa oft denken. Auch abseits klimatischer Extreme wird sich die Weinwelt verändern. Der Wein der Zukunft wird nicht dort entstehen, wo man sich auf Vergangenes verlässt. Sondern dort, wo man bereit ist, neu zu denken.

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