Ein Nachmittag am Cobenzl als Momentaufnahme des österreichischen Weinverständnisses anno 2025.
Am 28. Mai 2025 verwandelte sich der Wiener Cobenzl in eine Bühne für Weinliebhaber. Das renommierte A La Carte-Magazin lud OENUM zur exklusiven Verkostung österreichischer Spitzenweine ein. Vor der beeindruckenden Kulisse der Stadt präsentierten renommierte österreichische Winzer wie vielfältig österreichischer Wein heute gedacht – und gemacht – werden kann.
Große Namen – große Weine
Was am Cobenzl schnell spürbar wurde: Österreichs große Weingüter haben ihren Stil gefunden – und wirken heute umso stärker, weil sie nicht mehr beweisen müssen, was sie können. Sie zeigen es einfach, selbst in klimatisch schwierigen Jahren.
Kodolitsch etwa bringt mit seinem Sauvignon Blanc aus der Ried Rosengarten 2022 eine fast stille Autorität ins Glas. Klar in der Linie, präzise vinifiziert, ohne Eitelkeit aber mit Substanz. Der Wein erzählt vom Boden, vom Jahr, von Erfahrung – und lässt trotzdem Luft zum Denken. Völlig zu Recht von Willi Balanjuk hoch bewertet.
Lackner-Tinnachers Sauvignon Blanc Ried Welles 2023 gehört zu den präzisesten Steirern des Tages. Nichts drängt sich vor, nichts lenkt ab. Alles ist da, wo es hingehört. Wer Klarheit im Glas sucht, ist hier richtig. Adam Lielegs Sauvignon vom Oberen Kranachberg 2023 gehört zu den stillen Favoriten des Tages. Noch jugendlich, aber jetzt schon mit Tiefgang. Straff gebaut, sehr pur – und mit genau jener Spannung, die Flaschen lange leben lässt. Ein vielversprechender Geheimtipp!
Setzer zeigt, wie viel Charakter im Weinviertler Grünen Veltliner entstehen kann, wenn man bewusst zurücknimmt. In der Reserve Ried Kirchengarten spricht nicht das Holz, sondern der Boden. Der Wein bleibt hell, tief und mineralisch – ein Veltliner mit Substanz, aber ohne Zirkus. Bei der Domäne Wachau war alles auf Linie. Die Federspiele 2024 präsentierten sich sowohl beim Grünen Veltliner als auch beim Riesling sehr trinkfreudig und schlank, klarer geht’s kaum trotz herausfordernder Wetterkapriolen. Bei den Smaragden 2023 zeigte sich dann, was Herkunft kann. Ried Achleiten tief, rauchig, fordernd. Ried Kellerberg saftig und würzig, aber nicht weniger fokussiert. Eine Auswahl die zeigt, warum dieses Haus so ein Maßstab in der österreichischen Weinwelt ist.
Wellanschitz spielte auf zwei Bühnen: Einerseits klassisch-mineralische Chardonnay mit feinem Fruchtschmelz und lebendiger Säure. Andererseits die Kolfok-Weine, ungezähmt, bewusst charakterstark. Wer wissen will, was Burgenland alles kann, musste hier stehen bleiben. Besonderer Geheimtipp ist der Nolens Volens Welschriesling 2023 mit saftiger, mineralischer Note vom Schiefer. Juris überraschte mit einem Gewürztraminer 2022 und einem Muskat Ottonell – beides Sorten, die man eher expressiv kennt. Hier aber: schlank und auf Linie gebracht. Aromatisch ja, aber mit klarer Ansage: Das soll frisch sein ohne Kitsch.
Julia Kroiss zeigte mit dem Wiener Gemischten Satz Sievering 2024 einen wunderbar zugänglichen, geradlinigen Wein – während der Ried Hackenberg 2023 deutlich fokussierter und tiefer wirkt. Strukturiert, mineralisch, lang. Ein Wein mit Substanz – übrigens hier im Shop erhältlich.
Vorspannhof Mayr ist auf einem guten Weg. Vieles wirkt bereits sehr gut komponiert, manches noch im Feinschliff. Die Richtung stimmt, da will jemand mehr – und hat auch das Potenzial dafür. Man wird von diesem Haus noch hören. Und Türk im Kremstal? Zeigt, wie subtil Spannung schmecken kann. Die präsentierten Lagenweine wirkten kühl, präzise, mit feiner Textur. Manche davon brauchen vielleicht noch Zeit, um sich zu sammeln – aber da ist deutlich erkennbar, wo es hingehen kann. Nicht umsonst gibt es einen Signature Wein mit Altmeister Eckart Witzigmann.
Keine Denkverbote – bitte weiter so
Die innovativsten Gläser kamen abseits der klassischen Kategorien: Das Weingut Roland Minkowitsch überraschte mit Gelbem Muskateller Reserve 2021 aus dem Barrique – duftig, aber cremig-trocken und frischer Tiefe. Der Viognier "SEPT" 2023 zeigte, wie elegant diese Sorte fernab ihrer Herkunft interpretiert werden kann und auch im starren Gefüge eines Weingesetzes ungeahntes Potenzial entfaltet.
Let bewies mit einer Beerenauslese aus Rotem Veltliner 2023, wie viel Tiefe und Spiel in österreichischem Süßwein steckt, wenn Frische und Textur stimmen.
Das bleibt hängen
A la Carte am Berg war weniger Spektakel, mehr richtungsweisender Seismograf. Für den Zustand der heimischen Weinszene, für neue Strömungen, für stille Revolutionen. Wer wissen will, wohin die Reise geht – hier war der Kompass.